Fazit zum Filmfest-Finale München 2015
Hochsommermärchen auf Celluloid & Pixel `Yes, Yes , Yes´ - nicht nur der Hype um die Kunst & Film-Symbiose der `Warholmania´-Retro - auch das Kalkül mit dem zusätzlichen Tag haute hin - das 33. Filmfest München ging am Samstag, d. 4.7. mit einem neuen Zuschauerrekord ins Finale mit Matteo Garrones "Märchen der Märchen". Festivalchefin Diana Iljine fragte den italienischen "Gomorrha"-Regisseur nach über 3 Stunden Award Ceremony & Screening, ob er `obsessed with skin´ sei. Keine abwegige Frage, denn während des episch-opulenten Trips in die Welt neapolitanischer Überlieferungen wird sowohl einem königlichen Monsterfloh (post mortem) und einer naiven Färberin (bei lebendigem Leib) die Haut abgezogen - und Selma Hayek hat als gebärfixierte Königin das monströs aufgekochte Herz eines Seeungeheuers zu verspeisen. Was den hartgesottenen Garrone nicht daran hinderte, auf dem nachfolgenden Electroswing-Abend im Gasteig-Innenhof noch ausdauernd das Tanzbein zu schwingen. Das gegen Ende des 10-tägigen Festivals sehr heisse Sommerwetter war letztlich kein Spielverderber - ist ein klimatisierter Kinosaal bei 40 Grad draußen doch nicht das schlechteste Domizil - dafür hielt sich die Konkurrenz durch andere Großveranstaltungen in Grenzen und märchenhaften oder zumindest anregenden Filmerlebnissen stand dank durchweg guter Organisation im 179-Filme-Feld wenig im Wege. Denn es gab wieder für fast jeden Kinogeschmack etwas. Auf der Cinesoundz-Liste neben der Musik-Doku "Jaco"(Pastorius) & dem durchgedrehten Nippon-HipHop-Musical "Tokyo Tribe" u.a. als sehenswert verbucht: der "Eadweard" Muybridge-Filmpionier-Krimi, der postkoloniale Amazonas-Trip "El Abrazo De LA Serpiente", das irische Kinderfilmfest-Abenteuer "Song of the Sea" nebst die ebenfalls animierte (und u.a. vom großen Sir Christopher Lee vertonte) spanische E.A.Poe-Story-Sammlung "Extraordinary Tales", Partho Sen-Guptas z.T. bestechend bebilderter Mumbai-Thriller "Sunrise", die ganz unterschiedlichen CineMeriten-Pakete "Der Letzte Wolf" & "A Royal Night Out", der erstaunlich unterhaltsame China-Popcorn-Blockbuster "Taking of Tiger Mountain" und sogar die freie Luis Trenker-TV-Mär von "Der Schmale Grat der Wahrheit", auch wenn sich zu dessen PV leider niemand von der Produktionsfirma bequemen konnte. Der kubanische Filmemacher Carlos M. Quintela wäre gern zur Filmmakers-Live-Runde zu Lateinamerika & Karibik gekommen - sein Stuhl blieb indes leer, weil er vom Regime keinen Pass ausgestellt bekam. Seine Redeanteile in der von Florian Borchmeyer kompetent moderierten Runde wurden vom jüngst rastafizierten Trinidad & Tobago-Vertreter Damian Marcano übernommen (dessen T&T-Gangster-Story "God Loves The Figter" die Erwartungen nicht ganz erfüllen konnte). Überhaupt: die Programmer haben, nachdem sich der anfängliche Eindruck eines etwas schwächeren Festivaljahrgangs verflüchtigte, am Ende noch ordentlich was zusammengetragen. Die Preisverleihungen wurden diesmal fast durchgängig englisch bewältigt - München schärft sein sommerlich-internationales Profil. `See you next June in Bavaria...´ |