Reviews 6-7-10 Filmmusic

* soundtrack * filmmusic * pop/rock * catalog * jazz * electro * world * football special *

 Mike Patton - Mondo Cane
 
 Ipecac / Soulfood TIPP!
 
 
 
Faith No More-Enfant Terrible Mike Pattons Vorliebe für den italienischen Retro-Filmmusik-Klangkosmos war seit seinem Brachialprojekt "Fantomas" bekannt. Auf "Mondo Cane" geht es (bis auf eine verzichtbare Beat meets Gebrüll-Ausnahme) sanfter zu, arbeitet der -fließend italienisch sprechende- Patton doch mit dem angesehenen Orchestra Filarmonica Arturo Toscanini. Und Stimmkünstler Patton hat sich für seine Hommage an die dramatische & hochwertige Italo-Schlagermusik der 60er & 70er natürlich nicht die leicht zu singenden Stücke der Ära herausgesucht. Der Vergleich mit den Originalversionen der seltenen Enio Morricone-Perlen "Deep Down" und "Quello Che Conta" zum Beispiel (letztere einst interpretiert vom tragisch durch Selbstmord von uns gegangenen Luigi Tenco) ist ungemein interessant und spricht für Pattons Gespür, fällt aber nicht notwendigerweise zugunsten seiner Version aus. Anyway, hier gibt es schon für MPs Stilsicherheit und Entdeckergeist die volle Punktzahl, mit einem equisiten Digipak als Sahnehaube. Patton plant bereits eine zweite Folge... Wer hier neugierig auf die Originale geworden ist, dem seien u.a. die von Cinesoundz produzierten Canto Morricone-Alben empfohlen.


David Byrne & Fatboy Slim - Here Lies Love
Nonesuch / Warner

Und es gibt noch mehr Projekte, die sich kreativ gegen die Kurzfrist- und Wegwerf-Verwurstung der Single-Download 2.0-Industrie stemmen. Der bühnenmusikerfahrene David Byrne will das Ergebnis seiner mehrjährigen Zusammenarbeit mit Norman "Fatboy Slim" Cook, den 22-Song-Zyklus zur philippinischen Ex-First Lady Imelda Marcos (und ihrer Nanny Estrella Cumpas), auch als Signal gegen den Tod des Albums verstanden wissen. Das bisher nur in Teilen aufgeführte Disco-Musical besticht neben der im umfangreichen Booklet von Byrne selbst minutiös nachgezeichneten Entstehungsgeschichte insbesondere durch die beeindruckende Anzahl namhafter Sängerinnen, die hier mitmischen: Santigold, Florence (& the Machine) Welch, Tori Amos, Martha Wainwright, Rosin Murphy, Sharon Jones, Alice Russell, Natalie Merchant, Cyndi Lauper oder Kate Pierson ! (männliche Parts werden von Byrne und Steve Earle beigesteuert). Auch wenn Cooks Beats vereinzelt unter Byrnes Kompositionen hindurchzurumpeln drohen - this is just amazing. www.herelieslove.net


David Holmes - The Dogs Are Parading
UCM - Universal

Diese bei VÖ Ende April etwas untergegangene Zusammenstellung der nach Ansicht des cinema-affinen Elektro-Funk-Produzenten David Holmes besten eigenen Stücke & Remixe besteht aus 2CDs mit insgesamt 29 Tracks. "The Dogs Are Parading enthält auch einige neue, bisher unveröffentlichte Stücke: den Opener “The Girlfriend Experience”, zwei weitere Eigen-Titel “(Your On Fire (Too Fat)” und “The Lower Orders”) sowie den Geese-Remix von “The Ballad Of Sarah & Jack” und “Living Room”, gemixt von Kevin Shields. Auch durch die persönliche Auswahl verstummen Kritiker nicht, die sich individuell andere Stücke gewünscht hätten. Der Hollywood-gestählte Nordire (u.a. für die Soundtracks von "Oceans 11,12 & 13" zuständig) wird es gelassen nehmen. www.davidholmesofficial.com/













TIPP!












 
 
 Is There Nothing We Can Do?
 
 Music inspired by the TV Film - Composed by Damon Gough
 
 
Biglife / Rough Trade

Auf dem Cover sprießt zwar so einiges aus der Wiese, ein Sommeralbum aber ist das hier nicht. Seit seinem Soundtrack zu "About A Boy" von 2002 ist Damon Goughs (aka Badly Drawn Boy) Affinität zu Kino und TV ein Begriff. Seine jüngste Veröffentlichung, die erste seit immerhin 2006, "Is There Nothing We Could Do?" ist der Soundtrack zum britischen TV-Film "The Fattest Man In Britain" von David Blair (Regie), Caroline Ahearn und Jeff Pope (Drehbuch), der Ende 2009 im UK auf ITV 1 ausgestrahlt wurde. Der für den Film erstmals mit dem Heath Quartet und zusätzlichen Streichern arbeitende britische Folk/Pop-Interpret geht die 15 Tracks gewohnt intensiv und eher mollgestimmt an. Nicht nur beim Opener & Titeltrack erinnert das öfter an Meister Morrissey. www.badlydrawnboy.co.uk/


True Blood - Vol.2
Music from the TV Series - Various Artists - Atlantic / Warner

Die Vampirwelle schwappt weiter, dennoch werden ihr hin & wieder auch durchaus interessante Facetten abgwonnen. Die zweite CD zur HBO-TV-Serie um das Miteinander von Vampiren und Menschen in einer fiktiven Kleinstadt down in Louisiana. Demgemäß gestaltet sich auch die musikalische Unterstützung südstaatengerecht: bevorzugt handgemacht und hochwertig. Mit von der Partie Beck, Screamin Jay Hawkins, Lucinda Williams & Elvis Costello (natürlich mit einer Ballade), Eels und Bob Dylan, aber auch Thievery Corporation oder King Britt. Unsere Highlights: Chuck Prophet mit "You Did.." und Grandseigneur Robbie Robertson mit "How To Become Clairvoyant". Hierzulande war die Serie bisher nur im Bezahlfernsehen, auf dem Genresender 13th Street zu sehen. Die zweite Staffel ist als DVD-Import erhältlich, die dritte startet gerade in den USA.
 






TIPP

 
 
 Maxence Cyrin - Novö Piano
 
 Kwaidan / Rough Trade  
 

"Modern Rhapsodies" veröffentlichte der französische Piano-Grenzgänger Maxence Cyrin schon auf seinem Debut vor drei Jahren mit Material von depeche Mode, Moby, Apex Twin oder Massive Attack. Damals noch unter den Fittichen von Laurent Garnier, ist "Novö Piano" mit neuen Interpretationen von Justice-, Pixies-, Daft Punk-, My Bloody Valentine-, Arcade Fire-, MGMT- und Nirvana-Stücken in Zusammenarbeit mit Marc Collin von Nouvelle Vague entstanden. Debussy, Ravel & Chopins Geister wehen durch die neuen Klanggewänder für Electro- und Indierock-Tracks. Dabei keine Spur von steifer E- oder Konservatoriums-Atmosphäre - insbesondere live wird es bei Cyrin dynamisch. Worthwile.
www.myspace.com/maxencecyrin
 

 
 
 Rodrigo Leao & Cinema Ensemble - A Mae
 
 Sony Classical TIPP!
 
 

Madredeus-Gründer Rodrigo Leao ist in seinem Heimatland Portugal nicht erst seit dem gefeierten Soundtrack seiner Gruppe zu Wim Wenders´ "Lisbon Story" eine feste Größe. Dort füllt er auch solo (bzw. mit Orchester) oder seinem Cinema Ensemble) live größere Arenen und führt regelmäßig die Verkaufscharts an. Bekannt für seine Fähigkeit, namhafte Interpreten zu gewinnen, lassen sich auf dem aktuellen Album diesmal Stuart A. Staples von den Tindersticks und Divine Comedys Neil Hannon vernehmen. Stilistisch bleibt sich Leao treu - es wird die bekannt virtuose und stets leicht melancholische Mischung aus Fado-, Pop-, Jazz-, Chanson-, Tango- und Bossa-Elementen gegeben. Im Herbst stehen auch hierzulande Konzerte an.
www.rodrigoleao.pt


Guilia Y Los Tellarini - Eusebio Maik Maier Music To Measure

Woody Allen als großer Förderer. Der Track "Barcelona", einst anonym auf CD unter der Hotelzimmertür des Regisseurs hindurchgeschoben, eröffnete der Band nach seiner Verwendung in Film & Soundtrack von "Vicky Cristina Barcelona" ungewohnte Möglichkeiten. Auch der zweite dort enthaltene Titel "La Ley Del Retiro" sowie "Mais Si l´Amour", das als Instrumental von Allen für seinen nächsten Film ausgewählt wurde, der in diesem Jahr in Cannes Premiere hatte, finden sich auf "Eusebio". Auch die restlichen Stücke entfalten sich ganz mediterran, zwischen Latin-Feeling, Folk und Chanson-Elementen. Das zweite Album der Band ist in Arbeit, soll es doch rechtzeitig zum regulären Filmstart von "You Will Meet A Tall Dark Stranger" erscheinen.

www.myspace.com/giuliaylostellarini


 








 
 
 The Philip Glass Ensemble - A Retrospektive
 
 OMM - Codaex
 
 

Dieser mit einem obilen Multi-Track-Aufnahmesystem beim Auftritt des Philip Glass Ensembles in Monterrey, Mexico im Jahre 2004 aufgenommene Konzertmitschnitt bietet - nun auf Glass´Label OMM auf 2 Cds veröffentlicht - einen Querschniit durch das frühere Repertoire, das diesmal nicht parallel zum Leinwandgeschehen (wie bei späteren Aufführungen der Filmmusiken des Chef-Minimalisten) gespielt wurde (ein Stück aus "Powaqatsi" ist dennoch enthalten). Glass selbst ist hier an den Keyboards im Einsatz, genau wie sein Musikdirektor Michael Riesman, während die SoloVocals von Lisa Bielawa stammen. Für Fans ein Muß, auch für Einsteiger in Glass Repertoire nicht ungeeignet.

www.orangemountainmusic.com www.philipglass.com
 

 
 
 
 Science Fiction Theater - Pimp Town
 
 Traumton / Indigo  
 

Surf, Movie Sounds, Sci-Fi-Pop & Nu Trash - so kündigt das Presseinfo die Musik des Quintetts um den Jazz-Saxophonisten und Komponisten Christoph Grab aus Zürich an. In der Tat haben dessen Instrumental-Entwürfe für sein in Pink getauchtes `Science Fiction Theater´-Album cinematische Retro-Qualitäten. Inspiriert von Sixties-TV-Serien und Altmeistern wie Lalo Schifrin & Ennio Morricone gehen die in diversen Genres gestandenen Schweizer Szene-Musiker in B-Movie-Atmosphäre ans Werk. "Pip Town" funktioniert dabei als stimmige Pulp-Kulisse im Ganzen ebenso wie als Fundgrube für den sich auf die Suche nach den einzelnen Zu- und Zi-Taten begebenden Stöberer. Im Herbst neue Live-Termine im Alpenraum...
www.myspace.com/christophgrabsciencefictiontheater
 

 
 
 
 Trance Groove - Playing With The Chelsea Girls / Orange
 
 beide: Westpark / Indigo TIPP
 
 

Aufgrund anderer Verpflichtungen leider lange vernachlässigt, seien nun endlich die beiden letzten Alben des Kölner Trance Groove-Kollektivs an dieser Stelle gewürdigt. Der Name ist Programm. Für "Chelsea Girls", bzw die im Rahmen einer Kölner Nico-Ausstellung 2008 aufgeführte Split-Screen-Fassung von Andy Warhols Episoden-Film von 1966 über das Leben im berühmten New Yorker Künstlerhotel improvisierte das Team um Drummer & Produzent Stefan Krachten, Saxophonist Bernd Winterschladen und TV-Keyboarder Helmut Zerlett (of "Masimbabele" und Harald Schmidt Show-Fame) Ambient-Soundflächen und meist träge entschleunigte Grooves, die für das im letzten Herbst schließlich veröffentlichte Album mit einigen Overdubs, Voices & Scratches versehen und editiert wurden. Heraus kamen auch eine neue "My Funny Valentine"-Version (Nicos Lieblingsstück) und im Ergebnis: "Still Life In A Hotelroom".
Auf dem Vorgänger "Orange", dem sechsten Album der Band, gibt es mit "Reich der Träume" sogar eine direkte Würdigung mit Nicos Vocal-Tonspur - ein Schlaflied der besonderen Art - Gänsehautmaterial. Die Titel weiterer Tracks sprechen für sich: Serge Gainsbourg (ein mit Scratches versetzter Dub-Reggae & Sergio Leone (verhallte Italowestern-Gitarren 6 Percussion) - hier sind cinephile Groove-Schrauber am Werk.
www.trance-groove.com
 



 
 
 Previous Issue: 4/5 - 2010 © cinesoundz 2010

* soundtrack * filmmusic * pop/rock * catalog * jazz * electro * world * audiobook *